Urlaub war uns wichtiger als eure Zukunft, sorry

Süddeutsche Zeitung Kolumne VON MARC BAUMANN  FOTO: CATHLEEN NAUNDORF

Mit unserem Lebensstil schädigen wir den Planeten unwiderruflich. Jeder weiß es, keiner tut wirklich etwas dagegen. Ein vorweggenommener Entschuldigungsbrief an unsere Kinder.

Liebe künftige Generationen,

sorry. Das mit der schmelzenden Arktis, das mit dem abgeholzten Regenwald, das mit den leergefischten Meeren, das waren wir. Wir haben euren Planeten ausgebeutet, eure Natur kaputt gemacht, euer Klima auf Jahrhunderte hinaus geschädigt. Unsere Wissenschaftler hatten uns zwar seit Jahrzehnten gewarnt, in immer eindringlicheren, verzweifelteren Worten, aber wir haben es nicht ernst genommen. 

Und weil ihr, die ihr die Erde von uns erbt, zu Recht wütend auf uns sein werdet, entsetzt und fassungslos angesichts unserer Rücksichtslosigkeit und Dummheit, habt ihr ein Anrecht auf eine Erklärung. Nicht erst im Jahr 2050, wenn eh alles zu spät ist, sondern heute, 2017, wenn man es noch in allerletzter Sekunde hätte umbiegen können. Wir, die Erwachsenen weltweit, hätten mit aller Kraft und Macht auf die Bremse steigen müssen, aber wir sind weiter gut gelaunt und ignorant Vollgas mit unseren Verbrennungsmotoren gegen die Wand gefahren. Und ihr wart im Kindersitz auf der Rückbank dabei.

So einen Brief im Jahr 2017 zu schreiben könnte zynisch wirken. Aber es soll nur ehrlich sein. Eine traurige Erkenntnis. Es ist Mitte Juli, und da gerade kein Terror, G20 und nicht mal Bundesliga stattfinden, hört man in den Nachrichten ausnahmsweise was vom Klima. Ein gigantischer Eisberg ist abgebrochen, 175 Kilometer lang, bis zu 50 Kilometer breit. »Der Südpol zerbricht!«, hat die Bild-Zeitung getitelt, riesengroß und angsteinflößend. Endlich mal Action statt immer nur die drögen Zahlen und Statistiken, mit denen Klimaforscher zu belegen versuchen, was wir nicht hören wollen. Der Eisberg muss keine direkte Folge der Erderwärmung sein, wie Wissenschaftler gleich angemerkt haben, er erinnert aber unangenehmerweise daran. Und einwandfrei belegt ist, dass wir ein Hitzerekordjahr nach dem anderen erleben.

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